Pistolen Rütlischiessen 2019

Ein milder föhniger Herbsttag erwartete am Sonntag, 20. Oktober, die Pistolenschützen und deren Anhang auf dem Rütli zum 82. Historischen Pistolenschiessen. Das erste Schiff mit den 40 Urner Schützen, die gleichzeitig als Helfer im Einsatz standen, und den 25 Zeigerkinder traf schon kurz nach 7 Uhr auf dem Rütli ein. Danach folgten im Halbstundentakt die nächsten Schiffe aus Brunnen Richtung Rütli. Die Bedingungen sorgten insbesondere am Morgen für einen fairen Wettkampf. Die Schützinnen und Schützen am Nachmittag hatten eher Probleme mit stärker werdenden Windböen. Insgesamt galt es 15 Schüsse auf die 50 Meter entfernte Ordonnanzscheibe B abzugeben.

Punkt 8.25 Uhr rief der Chef Feuerleitung, Peter Planzer, über den Lautsprecher: «Schützen bereit machen, drei Patronen laden und dann drei Schuss in einer Minute – feuern!» Danach hiess es: «Achtung, es wird gezeigt! Pistole ablegen, die Waffe darf nicht mehr berührt werden!» Ein kräftiger Hornstoss war der Startschuss für die Zeigermannschaft, denn die Treffer wurden nach alter Sitte mit Fähnlein oder Kelle gezeigt. Danach hatten die Kinder die Aufgabe, die Löcher in den Scheiben wieder zuzukleben. In den Gesichtern der Schützen waren die gezeigten Resultate beinahe abzulesen. Die einen blickten zufrieden und konzentrierten sich danach mit geschlossenen Augen auf die nächste Schussabgabe, während wieder andere verzweifelt den Kopf schüttelten, als die schwarze Kelle ihnen mit Schwenken anzeigte, dass ein Nuller geschossen wurde.

Raphael Imholz zeigt sich überglücklich

Der 23-jährige Raphael Imholz aus Attinghausen schoss schon in der ersten Ablösung. Mit seinen 68 Punkten überraschte er alle Fachleute und sich selber auch. Er hatte aber nicht gross Zeit, sich über das Resultat zu freuen, denn er war als Helfer im Sicherheitsdienst eingesetzt. Imholz musste sich sehr lange gedulden, denn erst als der letzte Schuss um 14 Uhr abgegeben wurde, stand sein Sieg definitiv fest und der gelernte Elektroinstallateur meinte bescheiden: «Am Morgen habe ich mir noch keine grossen Gedanken gemacht, ob mein Resultat bei meiner dritten Teilnahme hier für einen Spitzenrang reicht oder nicht. Jetzt bin ich natürlich überglücklich, dass es gelungen ist.»

Imholz schiesst schon seit ein paar Jahren bei den Pistolenschützen Altdorf-Erstfeld über die 25- und 50-Meter Distanz. «Diese Saison lief es mir ausserordentlich gut und ich hoffte deshalb schon auf einen Spitzenplatz. Aber den Sieg, den habe ich nicht in den kühnsten Träumen erwartet», so Imholz und dabei erwähnte er noch, dass er von den besseren Bedingungen am Morgen sicherlich auch ein wenig profitieren konnte.

Bei der Siegerehrung an der Schützengemeinde wurde er mit dem Kopfkranz geschmückt, bekam den Meisterbecher und zudem erhielt er als Preis eine Ordonnanzpistole. Das zweitbeste Ergebnis erzielte Samuel Maag (Schiessverein Kantonspolizei Zürich) mit 67 Treffern, während Adrian Wild (Schiessverein Grenzwache Basel) auf 66 Punkte kam.

Ruth Planzer und Sonja Schuler überzeugen

Für die sechs Stamm- und sechs ständigen Gastsektionen gab es dieses Jahr den neuen Rütlibecher. Die anderen 87 Gastsektionen müssen bis kommendes Jahr noch warten. Von den Bechergewinnern der Pistolenschützen Altdorf-Erstfeld erzielten zwei Frauen die höchsten Resultate. Ruth Planzer schoss 62 Punkte und Sonja Schuler nur einen Zähler weniger. Albin Gisler kam auf 60 Punkte, während Stefan Schuler und Peter Planzer beide 58 Punkte erzielten.

Kurz vor 10 Uhr holte Urs Janett, der zum zweiten Mal als OK-Präsident amtete, die Ehrengäste mit einem Extraschiff in Brunnen ab. Dort begrüsste er neben vielen Gästen aus Militärkreisen insbesondere Festrednerin, Nidwaldner Regierungsrätin und Justiz- und Sicherheitsdirektorin Karin Kayser-Frutschi. Daneben waren aus dem Kanton Uri Ständerat Josef Dittli, Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti und Landratsvizepräsident Ruedi Zgraggen mit dabei. Beim Apéro auf dem Rütli dankte der OK-Präsident für die militärische Unterstützung beim Auf- und Abbau der Infrastruktur, denn ohne diese Hilfe wäre dieser Grossanlass heute kaum mehr durchführbar.

Kameradschaft geniesst hohen Stellenwert

Für viele der 900 Schützinnen und Schützen und den zahlreichen «Schlachtenbummler» war das Pistolenschiessen nicht das Wichtigste, sondern das gemütliche Zusammensein. Jede der rund 100 Sektionen hat sich schon am Morgen einen Platz auf der geschichtsträchtigen Wiese reserviert. Während in 23 Ablösungen 40 Schützen nebeneinander schossen, wurden an den Grillstellen die Spezialitäten genossen. Dabei gab es nicht nur Bratwürste oder Koteletts, sondern auch Risotto, Raclette und Fondue. «Für uns hat das Rütlischiessen einen hohen Stellenwert und besonders die gute Kameradschaft unter den Schützen gefällt mir besonders gut», erklärte Christian Klötzli von der Sektion Schangnau. Und Werner Stalder von der Sektion Gürbetal ergänzte: «Wir fühlen uns sehr wohl hier – die ganze Schützenfamilie ist friedlich und vor allem schätze ich, dass am Abend alles aufgeräumt ist und überhaupt kein Abfall liegen bleibt.»

Die Schützengemeinde auf dem Rütli ist etwas vom Eindrücklichsten, denn die 900 Schützen und die rund hundert Standarten geben ein prächtiges Bild ab. Und im Hintergrund glänzt tiefblau der Vierwaldstättersee, welcher von den beiden Mythen überragt wird.

Urs Janett: «Wir müssen zusammenstehen»

«Heute ist ein ausserordentlich wichtiger Tag für unser Land, denn heute finden die Gesamterneuerungswahlen des Bundesparlaments statt und sie wird zeigen, welche politischen Kräfte in den kommenden Jahren in der Schweiz Oberhand haben», sagte Urs Janett bei der Festrede. «Wenn wir die auf uns zukommenden Herausforderungen meistern wollen, so müssen wir zusammenstehen. Ich spreche nicht von der Klimapolitik, sondern meine die existenziell wichtigen Lösungen im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich, aber auch in den Migrationsfragen oder in der Sicherheitspolitik. Wir alle sind gefordert, uns gemeinsam für eine starke und unabhängige Schweiz einzusetzen.»

Regierungsrätin Karin Kayser sagte in ihrer Rede, dass die Bevölkerung stolz sein könne auf die Schweiz und sie sprach über Patriotismus: «Dieses Wort hat viel mit Respekt gegenüber anderen Menschen zu tun, denn wir leben in Freiheit, sind unabhängig und die Vielfalt der Kulturen sind eine Bereicherung». Sorgen macht ihr der «Ton» in politischen Diskussionen: «Wenn wir die Probleme in unserem Land lösen wollen, so müssen wir anständig miteinander umgehen und nicht Personen angreifen, die eine andere Meinung haben.»

Text: Paul Gwerder

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